Österreich dreht das Spiel in fünfzehn wilden Minuten
Stadion voll, Luft zum Schneiden, die Uhr springt in die zweite Hälfte – und dann überschlagen sich in Zenica die Ereignisse. Österreich schlägt Bosnien-Herzegowina in der WM-Qualifikation mit 2:1, weil die Mannschaft nach der Pause kühler im Kopf und griffiger im letzten Drittel ist. Marcel Sabitzer eröffnet in der 49. Minute, Edin Džeko kontert nur Sekunden später (50., nach VAR-Bestätigung), Konrad Laimer setzt in Minute 65 den Punch. Mehr Wendungen brauchte dieses enge Auswärtsspiel vor 11.700 Zuschauern im Bilino-Polje nicht.
Das Duell startete um 18:45 UTC (20:45 Lokalzeit) kontrolliert, fast abwartend. Österreich stand kompakt, presste phasenweise hoch, ließ aber kaum Tiefe zu. Bosnien suchte Džeko früh und oft, vor allem über Flanken und zweite Bälle. Torchancen? Eher Andeutungen. Beiden Teams war die Bedeutung der Partie anzumerken: ein Sechs-Punkte-Gefühl mitten im September.
Der Neustart nach der Pause kippte das Spiel. Österreich kombinierte sich schnörkellos durch die Mitte, Sabitzer kam aus der Halbdistanz frei zum Abschluss und versenkte trocken. Der Jubel hielt kaum an, da schob Džeko auf der Gegenseite ein – erst hob der Assistent die Fahne, dann gab der VAR grünes Licht. Plötzlich kochte Zenica.
Der Knackpunkt folgte in Minute 65. Marko Arnautović, bis dahin mit viel Arbeit gegen die Innenverteidigung beschäftigt, ließ sich fallen, band den Gegenspieler und steckte im richtigen Moment durch. Laimer startete aus dem Mittelfeld, nahm Tempo mit und schob flach ins lange Eck. Es war genau die Art vertikaler Angriff, mit der Österreich an diesem Abend immer wieder Lücken riss.
In der Schlussphase wurde es ruppig. Bosnien warf alles nach vorn, suchte Standards und die zweite Welle. Österreich reagierte mit frischen Beinen, verdichtete das Zentrum und verteidigte den Strafraum konsequent. Mehrere Verwarnungen zügelten die Emotionen nur bedingt, doch der spanische Schiedsrichter Jesús Gil Manzano behielt die Linie. Die Nachspielzeit fühlte sich länger an, als sie war. Zwingende Großchancen ließen die Gäste nicht mehr zu.

Taktik, Köpfe, Kontext: Warum dieser Sieg so schwer wiegt
Österreich gewann nicht, weil es den brillanteren Fußball spielte, sondern weil die Balance stimmte. Das Team kombinierte Mut im Anlaufen mit Ruhe in der Restverteidigung. Laimer und Sabitzer setzten im Zentrum die Taktzahl, rückten aggressiv nach und halfen, Bosniens Umschaltmomente früh zu ersticken. Arnautović band Bälle, gab das Ventil, das in engen Auswärtsspielen den Unterschied macht.
Auf der anderen Seite zeigte Bosnien, warum Spiele in Zenica nie Spaziergänge sind. Das Team presste im richtigen Moment, schob die Außen hoch und befeuerte die Box – genau das Terrain, in dem Džeko lebt. Dass sein Ausgleich zählte, war der Lohn für sauberes Timing und gutes Stellungsspiel. Danach aber fehlte dem Gastgeber die letzte Genauigkeit im letzten Pass, weil Österreich die Flügelzonen enger machte und die Hereingaben störte.
Der Plan der Gäste trug auch personell. Michael Gregoritsch und Romano Schmid standen wie angekündigt in der Startelf und gaben dem Pressing Struktur. Später kamen die frischen Kräfte, um die Mittelfeldräume zu schließen und Zeit vom Tableau zu nehmen. Kleine Fouls, kluge Wege, klares Risikomanagement – unspektakulär, aber wirksam.
Man muss dieses 2:1 zudem in den Quali-Kontext legen. Auswärts bei einem direkten Konkurrenten zu bestehen, ist mehr als nur drei Punkte. Es ist ein Signal an die Gruppe, vor allem aber ein Polster für den Herbst. Die Tabelle wird in solchen Zyklen nicht entschieden, aber sie wird geformt. Genau hier liegt der Wert: Österreich hat sich in eine Ausgangslage manövriert, in der ein Ausrutscher später nicht sofort teuer wird.
Individuell stechen die Namen hervor, die man erwarten durfte. Sabitzer mit dem frühen Nadelstich nach der Pause – ein Moment, der Rhythmus und Selbstvertrauen kippt. Laimer als Dauerläufer und Entscheider, der Timing mit Dynamik verbindet. Arnautović als Assistgeber, der im Zwischenraum die statische Kette der Bosnier bewegte. Auf der anderen Seite Džeko, der mit einer halben Chance gefährlich bleibt und die Heimkurve wachküsst.
Schiedsrichter Gil Manzano lieferte das unaufgeregte Paket, das solche Abende brauchen: klare Ansprache, VAR im Dienst der Sache, nicht als Show. Der kurze Schreckmoment beim 1:1 war sauber aufgelöst, die Linie blieb konsistent – in einer Partie, die zum Schluss ordentlich Pfeffer bekam.
Für Österreich geht es jetzt darum, den Schwung zu konservieren. Der Herbst bringt das dichte Programm, Rotationen werden Pflicht, Kleinigkeiten entscheiden. Solche Auswärtssiege sind dabei die Währung, mit der man eine Qualifikation bezahlt: schwer verdient, hochgeschätzt, selten schön – und genau deshalb so wertvoll.